Ein Nachtrag zum Blogbeitrag „Grün, Grün, Grün sind alle meine Kleider“: Was bedeutet grüner Knopf? Der „Grüne Knopf“ wird vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung vergeben und sei nach eigenen Aussagen bisher „einzigartig“. Das Besondere daran sollen hohe Kriterien und vollständige Unabhängigkeit sein. Ob man diesem Anspruch gerecht wird, habe ich für euch mal recherchiert. Ein Faktencheck.
Was bedeutet grüne Knopf?
„Fair Fashion ist ein Mega-Trend. Für drei Viertel der Verbraucher ist faire Kleidung wichtig. Doch bisher fehlt die Orientierung. Mit dem Grünen Knopf ändert sich das. Mit jeder Kaufentscheidung können wir jetzt einen Beitrag leisten: Für eine gerechte Globalisierung, bei der Mensch und Natur nicht für unseren Konsum ausgebeutet werden. Für Menschlichkeit und Humanität.“ so Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller im Zuge der Vorstellung des neuen Textil – Siegels im September diesen Jahres in Berlin. Das Ministerium scheint die Zeichen der Zeit erkannt zu haben und hat kurzerhand mit dem Grünen Knopf eine eigene Initiative für faire Kleidung ins Leben gerufen.
Das Alleinstellungsmerkmal des Grünen Knopfs im Siegeldschungel soll die Kontrolle des Unternehmens als Ganzes sein. Einzelne Vorzeigeprodukte reichen alleine nicht aus. So genau hinschauen würde bislang keiner. In den kommenden Jahren soll das staatliche Siegel auf weitere Produktionsschritte wie den Baumwollanbau ausgeweitet und bestehende Kriterien im Bereich Soziales und Umwelt kontinuierlich weiterentwickelt werden. Unterstützt wird das Ministerium durch einen Beirat aus Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft.
Klingt erst einmal gut. Doch braucht es neben den fast 20 Siegeln die es bereits für die Überwachung von Textilproduktion und Rohstoffanbau gibt noch ein weiteres Label? Ist die Bundesregierung vielleicht einfach nur mal wieder spät dran? Oder gilt hier das alte Sprichwort – besser spät als nie? Schauen wir mal genauer hin…
Was ist drin?
Seit der Vorstellung im Herbst 2019 macht bereits ein bunter Strauß an Unternehmen mit, darunter Start-Ups, Mittelständler, anerkannte Nachhaltigkeitsvorreiter und große Unternehmen. Besonders letztere sind wichtig. Denn wie jedes Label steht und fällt es mit der Anerkennung im Markt, sowohl auf Seiten der Konsumenten als auch der Seite der Produzenten. Derzeit sind es etwa 27 Unternehmen mit teils bekannten Namen: Alma & Lovis, Aldi Nord, Aldi Süd, Brands Fashion, CharLe, Derbe, Dibella, Engel, Feuervogl, Hans Natur, hessnatur, Hopp, Kaufland, Kaya&Kato, Lidl, Manomama, Melawear, Millitomm, Modespitze Plauen, Phyne, Posseimo, Rewe Group, Schweickardt Moden, Tchibo, Trigema, Vaude, 3 Freunde. Weitere 26 Firmen haben die Organisatoren noch in der Pipeline. So werden beispielsweise Hugo Boss und die Otto-Group noch geprüft.
Insgesamt müssen 46 Sozial- und Umweltkriterien eingehalten werden. Genauer gesagt sind es 20 Unternehmenskriterien und 26 soziale und ökologische Produktkriterien. So müssen die Unternehmen beispielsweise öffentlich mindestens einmal pro Jahr und systematisch über den Umgang mit Risiken und Auswirkungen der eigenen Geschäftstätigkeit berichten. Die Kleidungsstücke dürfen wiederum nicht mit Hilfe von Kinderarbeit oder Zwangsarbeit hergestellt werden. Aber nur wenn das Produkt und das Unternehmen alle Anforderungen einhalten, wird der Grüne Knopf vergeben.
Was kann es?
Ok, klingt immer noch gut. Dennoch gibt es Kritiker. Diese meckern über zu schwammige Kriterien, die nur schwer überwacht werden können. Einige stoßen sich auch an einem generellen Problem. So ist der Begriff „Fair“ nicht rechtlich geschützt. Ein Beispiel: Ist es „Fair“ wenn man wie das Siegel es verlangt den Mindestlohn zahlen muss dieser aber in jedem Land unterschiedlich ist und in den Produktionsländern der Kleidung dieser oft nicht einmal zum Leben reicht? Ist das „Fair“? Ich finde, nein.
Die meiste Kritik bekommt der Grüne Knopf aber dafür, dass es immer noch ein freiwilliges Siegel ist und keine rechtliche Verpflichtung. Wenn es das Ministerium ernst meine, so die Stimmen, müssen endlich härtere Gesetze her. Zudem, was bringt ein Label mit dem sich Supermarktketten schmücken, für die Kleidung eigentlich nicht das Kerngeschäft ist?!
Selbstverständlich gibt es auch Befürworter. Einer von ihnen ist Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale Bundesverband: „Der Grüne Knopf geht trotz einiger Anfangsschwächen in die richtige Richtung und sollte meiner Meinung nach eine Chance bekommen, sich zu etablieren und weiterzuentwickeln. Diese Weiterentwicklung ist auch nötig, damit nicht nur das, was in den Textilfabriken und Färbereien geschieht, unter die Lupe genommen wird, sondern in der gesamten Lieferkette nachweislich Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsstandards eingehalten werden. Auch das in der Präambel der Satzung verankerte Ziel, existenzsichernde Löhne anzustreben, muss in absehbarer Zeit in Angriff genommen werden.“
Fazit
Es gibt strengere Textil-Siegel, die allerdings auch immer nur einen Teilaspekt beleuchten. Immerhin, es lenkt die Aufmerksamkeit auf ein wichtiges Thema. Wer die Wahl hat zwischen einem T-Shirt mit dem staatlichen Siegel und einem ohne, wird vermutlich zu dem faireren Teil greifen. Wer allerdings damit sein grünes Gewissen beruhigt, dass irgendwo ein Siegel auf dem Kleidungsstück zu finden ist, wird nur wenig verändern. Denn auch fairere Kleidung verbraucht Ressourcen. Am Ende des Tages ist der Grüne Knopf besser als nichts, aber eben auch nicht mehr…